Am 4. Mai wird in Würzburg gewählt - allerdings wird nur der Posten des OB neu besetzt, da der amtierende OB Christian Schuchardt vorzeitig aus dem Amt scheidet (wird geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetags + Geschäftsführer des Städtetags NRW).
Und da einen kommunale Politik in Teilen sogar mehr betrifft als Bundestagswahlen, schaue ich mir die Kandidaten mal etwas genauer an. Fangen wir mal mit der Historie der letzten 35 Jahre an, denn die ist - zumindest was die Bürgermeister anbelangt - parteipolitisch gesehen schon etwas wild. Vorab, bis zur letzten Wahl des Stadttags war die Partei mit den meisten Stimmen stets die CSU, bis sie 2020 von den Grünen abgelöst wurde. Die CSU hat aber mitnichten immer den OB gestellt, wenn man es ganz genau nimmt, war das sogar nur sieben Jahre der Fall:
1990 - 2002: Jürgen Weber, Würzburger Liste
2002 - 2008: Pia Beckmann, CSU
2008 - 2013: Georg Rosenthal, SPD
2013 - 2014: Adolf Bauer, CSU (interimsmäßig, da Rosenthal erfolgreich für den Landtag kandidierte*)
2014 - 2025: Christian Schuchardt, CDU (nicht CSU)
*In Bayern ist die Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister 67. Jahre, Rosenthal hätte also nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren dürfen. Funfact: Der designierte Bundeskanzler Friedrich März dürfte bei uns nicht mal Bürgermeister werden.
Martin Heilig (Grüne)
Meine Prognose ist, dass Martin Heilig das Rennen machen wird, aber warten wir mal ab...Zu unserem "Klimabürgermeister" habe ich ja schon vor gut drei Jahren meinen Senf abgegeben, was hier nachzulesen ist. Wirklich was gerissen hat er seitdem nicht, Wasser predigen und Wein saufen stimmt immer noch. Und wenn man selbst nicht in der Lage ist, ohne KI zu erklären, warum man OB werden will, ist halt einfach nur schwach (trifft auch auf die Kandidatinnen von CSU und SPD zu).

Claudia Stamm (parteilos)
Stamm, da klingelt doch was, aber hieß die nicht anders? Die meisten dürften bei Stamm und Politikerin noch an ihre Mutter Barbara Stamm (CSU) denken, die mit insgesamt 42 Jahren im bayerischen Landtag auf Rang 3 der dienstältesten Landtagsabgeordneten Deutschlands stand uns bis zu ihrem Tod als die beliebteste Politikerin Bayerns galt.
Claudia Stamm war bereits Landtagsabgeordnete der Grünen, daher - das Wortspiel drängt sich einfach auf: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie politisch kein kompletter Reinfall wäre. Ich räume ihr trotz der Strahlkraft ihrer Mutter aber nur Außenseiterchancen ein, was zwei Gründe hat:
Zum einen ist sie nach nur acht Jahren bei den Grünen ausgetreten und hat ihre eigenen Partei (Mut) gegründet, für die sie mittlerweile aber nicht mehr aktiv ist, da waren die Ambitionen anscheinend zu hoch angesetzt, wirklich nachhaltig ist das nicht.
Zum anderen kandidierte sie mit der Partei bereits vor fünf Jahren bei der Kommunalwahl in München und konnte dort nur 0,6% der Stimmen erreichen (Zum Vergleich, die Satirepartei Die PARTEI sammelte mehr als das doppelte an Stimmen) und landete hinter den Grünen, der CSU, der SPD, der ÖDP, der AfD, der FDP, der Linken, den freien Wählern, Volt, Der Partei, der Rosa Liste, der Münchner Liste und der Bayernpartei auch nur auf Platz 14 im Partei-Ranking, was nicht sonderlich überzeugend ist.
Aber: Als unabhängige Kandidatin hat sie 385 Unterschriften sammeln müssen, um sich überhaupt zur Wahl aufstellen zu lassen, die hat sie schon mal recht sicher.
Judith Roth-Jörg (CSU)
Politisch ist Judith Roth-Jörg gut vernetzt, was alleine schon ihr Nachname verrät, geboren wurde sie nämlich als Judith Michel. Jörg von ihrem ersten Ehemann Oliver Jörg (10 Jahre Abgeordneter im Bayerischen Landtag) und Roth von Wolfgang Roth (seit 2002 im Stadtrat, seit 2019 Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion). Und ich will auch nicht unterschlagen, dass ihre Schwägerin Rosi Schraud die Bürgermeisterin von Estenfeld ist.
Aber das wirklich nur am Rande, sie selbst ist mittlerweile auch schon über 10 Jahre im Stadtrat und aktuell nach Martin Heilig die dritte Bürgermeisterin. Leider gilt hier die gleiche Aussage wie bei Martin Heilig - wirklich viel gerissen hat sie meiner Ansicht nach nicht (habe zumindest nicht mitbekommen, dass sie was besonderes geleistet hätte).
Aber immerhin formt sie mit ihren Händen auf den Wahlplakaten ein Herzchen uns ist gebürtige Würzburgerin. Trotzdem wird sie meiner Meinung nach maximal in die Stichwahl kommen.
Eva von Vietinghoff-Scheel (SPD)
Eva von Vietinghoff-Scheel ist die jüngste Kandidatin. Ihre Vita wirkt allerdings etwas chaotisch, böse Zungen würden von Jobhopping sprechen:
Dezember 2013: Leitung des Umweltamtes am Landratsamt Würzburg
Oktober 2014: Leitung des Bauamt am Landratsamt Würzburg
Juni 2015: Geschäftsleiterin der Gemeinde Veitshöchheim.
Mai 2016: Rückkehr zum Landkreis Würzburg zurück.
Aber ich will das nicht zu negativ sehen, danach wurde es etwas beständiger, seit April 2020 fungierte sie in einer Doppelspitze als Vorstand der Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU), seit 2023 hatte sie die Position allein innig.
Und jetzt wird es knifflig, da ein nicht erwiesener Vorwurf im Raum steht. Im Oktober 2024 wurde sie abberufen i.S.v. rausgeschmissen (zerrüttetes Vertrauensverhältnis), die die Staatsanwaltschaft gegen sie wegen des Verdachts der Untreue ermittelte. Unabhängig davon, ob da was dran ist oder nicht, förderlich ist das sicherlich nicht (außer man ist Olaf Scholz).
Weiteres Manko. Sie ist zwar von der SPD aufgestellt, aber kein Mitglied der Partei. Das finde ich immer ein wenig seltsam, wenn man in den eigenen Reihen nicht einen einzigen passenden Kandidaten finden kann. Wobei die SPD aktuell auch nur 4 von 50 Sitzen im Stadtrat hat, vermutlich war da wirklich niemand dabei...
Summa summarum, so wirklich prickelnd finde ich keinen der vier, aber für Wahlempfehlungen bin ich eh der falsche Ansprechpartner. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wer in die Stichwahl kommt (Respekt an Heilig, wenn er vorab über 50% holen sollte).