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Samstag, März 29, 2025

Unpopuläre Gedanken(spiele)

Die Bundestagswahlen sind zwar durch, aber viel ruhiger als zu Wahlkampfzeiten ist es irgendwie trotzdem noch nicht. Vielleicht wird es nach den Koalitionsverhandlungen besser, wobei das bei mir ehrlicherweise mehr Hoffnung als Glaube ist. Ein zentrales Thema - wenn nicht sogar das zentrale Thema - ist aktuell die Lockerung der Schuldenbremse (Wie sinnvoll eine lockere Bremse ist, muss jeder selbst entscheiden) bzw. das meiner Meinung nach recht großzügig ausgestaltete Sondervermögen. Irgendwo muss Geld her, aber zahlen will es seltsamerweise (welch Wunder) keiner. Und ja, auch ich laufe mit keinem Schild durch die Stadt, auf dem "Lieber Staat, bitte besteuere mich" zu lesen ist. Man macht die Hand eben lieber auf, als das man sie reicht.

Auf jeden Fall wird Geld benötigt, sei es für Wirtschaftswachstum, Klima, Verteidigung, Grundsicherung oder meinetwegen auch die 4-Tage-Woche. Die "Lösung" Sondervermögen gibt es schließlich aber nur, weil der Staat zu wenig Einnahmen generiert/erwirtschaftet, um (geplante) Ausgaben zu finanzieren. Die Gretchenfrage ob Einnahmen - oder Ausgabeproblem will ich heute aber gar nicht anreißen und mich auf mögliche Einnahmen beschränken. Sondervermögen hat nicht umsonst [be]sonder[s] im Namen, es sollte die Ausnahme bleiben. Und am Ende des Tages muss auch ein Sondervermögen finanziert werden.

Generell ist das mit der Umverteilung (Stichwort Allokationsfunktion des Staates) eh so eine Sache, ich verweise da mal auf einen über 15 Jahre alten Post: Reichtum für alle - Reichtum besteuern. Erst gebe ich was, dann nehme ich es wieder...

Geld ist grundsätzlich zwar da, aber ungleich verteilt und nicht in öffentlicher Hand. Anders formuliert, es muss mehr zum Verteilen beschafft (oder andernorts gekürzt) werden. Aber wen soll man schröpfen, wen soll man angehen? Meine Hypothese: Egal, an welchen Personenkreis man als potentielle Zahler denkt, sich selbst sieht man meist eher am Ende der Gedankenkette.

Bei mir ist es wie bei vielen anderen im Bekanntenkreis. Reich (der rein finanzielle Aspekt) ist man zwar nicht, es geht einem im Grunde aber gar nicht so schlecht. Das Auto ist klein und zweckmäßig, aber man hat eines; das Konto ist leer, dafür ist der Kühlschrank voll und ein Urlaub pro Jahr ist im Normalfall auch immer drin. Worauf ich hinaus will: Ich sehe mich gesellschaftlich irgendwo in der Mitte angesiedelt. Nicht arm, aber auch nicht verpflichtet, der gute Samariter zu sein. Ich habe einen Job, ein kleines Auto, eine nette Wohnung...Mir geht es gut. Ich fahre allerdings weder einen Maybach noch habe ich 10.000€ unter dem Kopfkissen, wenn es um die Frage nach Stopfen von Haushaltslöchern geht, würde ich nicht als erster die Hand heben. Fiktive herrschende Stammtischmeinung: Wenn Geld fehlt, dann sollen dafür doch bitte die Wohlhabenden aufkommen, denen geht´s eh viel zu gut und die wissen doch sowieso nicht wohin mit dem ganzen Geld. Ich kann zwar meine Rechnungen zahlen, aber bei aller Liebe, reich bin ich nun wirklich nicht. "Die da oben" aber schon, sollen die doch bluten:

Jetzt hat Robin Hood prinzipiell eine gute Story, nur kann man sie eben nicht 1:1 in den Alltag übertragen. Klar, wer mehr hat, sollte irgendwo auch mehr geben, aber diese Zwangssolidarität wird ja bereits durch die verschiedenen Steuersätze abgebildet. Je Höher das Einkommen, desto höher die Steuer. Und auch wenn er mich (in diesem Fall leider) nicht betrifft, ein Spitzensteuersatz von 42 % ist schon nicht ohne, auch wenn der in den 90ern sogar bei 53% lag.

(Man sollte dabei natürlich auch die Einkommensgrenzen beachten. In Österreich z.B. liegt der Spitzensteuersatz bei satten 55% - Allerdings erst ab einem Einkommen von einer Million. In Deutschland greift der Spitzensteuersatz bereits ab ab 66.761 €)

Und jetzt wird es spannend. Eat the rich, die sind gefordert, aber wer ist eigentlich "reich"? Etwa ein Drittel aller deutschen Vermögen gehören gerade einmal gut einem Prozent, ist schon mal einen Basis. Damit der Post aber nicht zum Roman wird, beschränke ich mich vorerst auf die Idee, Einnahmen durch Einkommenssteuern zu erwirtschaften, denn wenn man von höheren Steuern im Allgemeinen / Reichensteuer spricht (was oft der Fall ist, wenn wild Gelder gefordert werden), wird es unstrukturiert: Einkommensteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Kapitalertragsteuer...Wer meine Meinung dazu wissen will, in Teilen habe ich dazu ja auch schon was geschrieben (Nach Sonderausgaben in dieser Höhe ist der Erbe zwar immer noch sehr reich, aber der Betrieb insolvent" oder es werden "Grenzen nach unten angepasst [...] und schwups, gilt man als Spitzenverdiener.")

Back to the main topic, wer gilt den nun als reich? Da ich mich wie gesagt auf Geld durch Einkommen beschränke, nehme ich die Beiträge der Steuerpflichtigen zum Einkommensteueraufkommen zur Hand. Das ist zwar nicht 100% sauber, aber so werden zumindest halbwegs Kinder und Co. berücksichtigt, die noch keine oder nur wenig Einkommen zu versteuern haben bzw. deren Einkommen schon versteuert wurden. Um es nicht komplizierter zu machen als es eh schon ist, lasse ich auch die Versteuerung der Rente so halb außer Acht, auch wenn alle, die 2058 oder später in Rente gehen werden, ihre Rente voll versteuern werden müssen.

Here we go, leider habe ich keine aktuellen Zahlen gefunden, 2018 ist jetzt aber auch noch nicht sooooo weit weg (Die 90er sind gefühlt ja auch noch keine 30 Jahre her)

 

Man sieht: Die unteren 50% haben ein Einkommen (Anteil am zu versteuernden Einkommen) von 17,2% und einen Anteil von 5,4% an der Einkommensteuer. Die oberen 10% haben einen Anteil am zu versteuernden Einkommen von 37% und einen Anteil von 54,8% an der Einkommensteuer.

So, und jetzt hoffe ich, dass man meine (Milchmädchen)Rechnung wenigstens ein bisschen nachvollziehen kann:
Die (untere) Hälfte hat wie erwähnt 17,2% Anteil am zu versteuernden Einkommen. Wären die unteren fünf Dezile gleich verteilt, wäre das pro Dezil 3,44% bzw. 1.08% Anteil an der Steuerlast. Bezogen auf die oberen 10% mit einen Anteil am zu versteuernden Einkommen von 37% entspricht das etwa dem Faktor 10,8 (37 geteilt durch 3,44). Das obere Zehntel hat also ca. das 10fache im Vergleich zu jedem Zehntel der unteren Hälfte, wenn ich den Mittelwert betrachte. Und das sorgt natürlich für Missmut. Selbst beim Vergleich des 1. und 2. Zehntels ergibt sich noch ein Faktor von 2,29, sprich man hat selbst hier nicht einmal die Hälfte des Zehntels über einem (Wir merken uns die beiden Einkommensfaktoren 10,8 und 2,29). Jeder, der nicht zum 1. Zehntel zählt, wird das unschön finden.

Tenor: Die oben stehen, haben ein viel höheres Einkommen, also sollten sie auch mehr Einkommensteuer zahlen. Klingt auf den ersten Blick auch nicht unfair, besonders die Linke schlägt in diese Kerbe. Das Problem, wie auf dem Diagramm unschwer zu erkennen ist: Die sogenannten Besserverdiener zahlen bereits mehr. Die Frage ist, zahlen sie genug, was ist fair? 

Betrachtet man das Verhältnis [Anteil am zu versteuernden Einkommen - Anteil der Einkommensteuer] der einzelnen Dezile, zeigt sich ein schlüssiges Bild: Die oberen 10% haben wie schon geschrieben einen Anteil am zu versteuernden Einkommen von 37% und einen Anteil von 54,8% an der Einkommensteuer, was einem Verhältnis von 1,48 entspricht. Bei jedem anderen Dezil ist das Verhältnis schlechter, man hat nicht einmal die 1 vor dem Komma. Nach dieser Betrachtung stehen die oberen 10% schon jetzt mit Abstand am schlechtesten da.

Ich versuche, dass mal halbwegs sinnvoll einzuordnen. Schauen wir uns nun die beiden Beispiele an und stellen die Faktoren gegenüber:
Einkommensfaktor erstes Zehntel zu zweitem Zehntel: 2,29
Einkommensteuerfaktor erstes Zehntel (37 - 54,8): 1,48
Einkommensteuerfaktor zweites Zehntel (16,1 - 16): 0,99

-> 1,48 ist das 1,49fache von 0,99. Der Einkommensfaktor erstes Zehntel zu zweitem Zehntel ist 2,29, also größer. Das zeigt, dass Reiche eine höhere Steuerlast haben, aber nicht in dem Maße mehr, was ihr Vermögensplus im Vergleich zum zweiten Dezil hergeben würde. Das zeigt auch ein zweites Beispiel:

Einkommensfaktor erstes Zehntel zum Durchschnitt der unteren Hälfte: 10,8
Einkommensteuerfaktor erstes Zehntel (37 - 54,8): 1,48
Einkommensteuerfaktor Durchschnitt der unteren Hälfte bei Gleichverteilung (3,44 - 1,08): 0,31

-> 1,48 ist das 4,8fache von 0,31. Der Einkommensfaktor erstes Zehntel zum Durchschnitt der unteren Hälfte ist mit 10,8 ebenfalls größer.

Spitzenverdiener zahlen generell also immer mehr Einkommensteuern, stehen beim Einkommensfaktor aber auch besser da. Ist das jetzt fair, oder unfair? Sie zahlen mehr, haben aber auch überproportional mehr.

Damit niemand sagen kann ich unterschlage was: Auch diese Relation hat Ausnahmen, wie ein letztes Beispiel zeigt:

Einkommensteuerfaktor erstes Zehntel (37 - 54,8): 1,48
Einkommensteuerfaktor letztes Zehntel (2,5 - 0,2): 0,08
-> 1,48 ist das 18,5fache von 0,08. Der Einkommensfaktor erstes Zehntel zu letztem Zehntel ist aber 14,8 (37 durch 2,5).

Was lernt man daraus? Je nachdem wie man argumentieren will, kann man pro und contra Argumente finden, was denn nun fair ist oder auch nicht. Eine Idee wäre, zu versuchen, Einkommensfaktor und Einkommensteuerfaktor gleich zu halten. Das Problem: Wie will man das anstellen? Und selbst wenn man das hinkriegen würde, die Schere zwischen arm und reich wäre ja immer noch da, als fair würden das so oder so nicht viele betrachten. Ergebnis: Reiche zahlen stets mehr, die Frage ist, zahlen sie genug. Und die lässt sich je nach Argumentation mit ja oder nein beantworten. Ohne Topverdiener in Schutz nehmen zu wollen (warum auch), eine pauschale Antwort sehe ich hier ehrlicherweise nicht...Ich kann nicht objektiv beurteilen, ob die Steuerlast fair ist.

In diesem Sinne getreu nach Jupp Schmitz.

Wer soll das bezahlen?
Wer hat das bestellt?
Wer hat so viel Pinkepinke?
Wer hat so viel Geld?

Da beißt die Maus keinen Faden ab, die Besserverdiener werden auf jeden Fall gefragt sein, egal ob das jetzt als fair oder unverhältnismäßig erachtet wird. Ich befürchte nur, dass viele denken, als normaler Mittelständler wird man davon natürlich nicht betroffen sein. In Pandemiezeiten hat man im Zweifel von Vater Staat ja Unterstützung erhalten, man ist doch eher Empfänger als Einzahler. Ich bin da allerdings pessimistischer bzw. realistischer. Warum, versuche ich im letzten Teil des Posts darzulegen.

Gedankenspiel: Ich bleibe weiterhin bei der Annahme, dass "die Reichen" herhalten sollen; ganz allgemein, ohne dieses Mal eine bestimmte Steuer durchzuexerzieren. Wer hat denn nun Vermögen, von dem man was abzweigen kann, damit es fairer zugeht? Es muss doch Leute geben, die genug haben. Klar, Millionäre wären naheliegend, da haben wir in Deutschland auch gut 800.000. Die machen aber dummerweise nur 1% der Bevölkerung aus und das 1% die restlichen 99% finanziert, lässt sich nicht gut verkaufen. Ich bleibe daher bei den oberen 10% aus dem vorherigen Beispiel, ein bisschen Masse an zahlkräftigen Mitbürgern braucht es ja schon. 

Wer trotz der Länge des Postings noch aufmerksam ist, hat u.U. bemerkt, dass im letzten Satz eine gewisse Brisanz steckt. Die oberen 10% sind gefühlt weit weg, aber Millionäre sind nur 1%, sprich  9 von 10 Leuten im Wohlstandsdezibel sind eben keine Millionäre sondern "lediglich" reich. Was heißt das genau? Zu den reichsten 10 Prozent der Deutschen gehört man mit einem Vermögen im Wert von ca. 280.000 Euro oder mehr. Keine Frage, 280.000€ ist ein Haufen Asche, mit dem Geld geht es einem sicher nicht schlecht. Potentielle Quelle, die Vater Staat anzapfen könnte, oder? 

Aber: Was ist mit dem (ja, ich weiß, übertriebenes Beispiel) 80jährigen verwitweten Großmütterchen, das mit ihrer Rente gerade so über die Runden kommt, sich aber vor 50 Jahren mit ihrem Mann eine Wohnung gekauft hat? Diese wird selbst bewohnt und ist mittlerweile abbezahlt (das monatlich zu zahlende Wohngeld ignoriere ich mal). Je nach Lage wird so Wohnung aktuell schon noch ihre Viertelmillion wert sein, dazu noch ein bisschen Inneneinrichtung...

Das innere Teufelchen: "Die gehört zu den oberen 10%! Nieder mit ihr! Was interessiert mich ihre magere Rente, die hat doch Vermögen! Hart besteuern die gute Frau! Wie, das kann sie sich von ihren laufenden Einnahmen gar nicht leisten? Das grenzt ja schon fast an asozialem Verhalten! Wahrscheinlich ist die sogar Anfang 60 in Rente und schafft seit 20 Jahren nicht mehr! Die hat sich lange genug ausgeruht, Jobs sind doch da, soll sie wieder arbeiten gehen, Eigentum verpflichtet! Die Alten Klagen doch eh immer das sie alleine sind, zurück in die schöne Arbeitswelt, Minijobs annehmen, ´n bisschen was zur Wirtschaft beitragen. Besonders die Jugend will schließlich JETZT leben, die Alten hatten doch schon ihre Zeit. Die alte Egoistin! Am Ende hat die noch ihre 60m², die braucht die in dem Alter als Alleinstehende doch eh nicht mehr. Die soll endlich mal an die Jugend denken! Ha, 3-Zimmer Wohnung, da kann man doch eine super-duper WG draus machen. Her mit dem Wohnraum! Zusätzlich zur monetären Abgabe!"

Man kann minimal herauslesen, dass das in meinen Augen ein problembehafteter Ansatz ist. Und selbst ohne Härtefälle, ich hätte an der Spitze mit viel mehr Vermögen gerechnet. Das mit der breiten Mittelschicht in Deutschland scheint zu stimmen, und hier ist das "Problem". Die Mittelschicht wird es richten müssen, und da werde mutmaßlich auch ich meine Teilnahmeurkunde in Form von zusätzlichen/höheren Abgaben erhalten. Aus "die Mittelschicht muss gestärkt" kann ganz schnell ein "die Mittelschicht trägt unser Land, einen großen Applaus bitte" werden. Ich überbringe ja nur ungern schlechte Nachrichten, aber da werden viele, die nicht damit gerechnet haben, in den sauren Apfel beißen müssen.

Und bitte den Unterton nicht falsch verstehen, die Eingangs erwähnten Punkte (die 4-Tage-Woche ausgenommen) als auch faire Löhne, Grundsicherung, Wohnraum, alles wichtig. Aber all das muss auch finanziert werden, und ohne Zusatzbelastung für den Mittelstand ist mit den aktuellen Mitteln nicht mehr drin. Auch wenn man Sondervermögen schafft, wird das schlussendlich - so meine Prognose -jeder Einzelne von uns ausbaden müssen. Denkt an meinen kleinen Beitrag, wenn die Mehrwertsteuer erhöht wird.

Abschließend: Ich will natürlich auch, dass es keine große Schere zwischen arm und reich gibt und schlecht soll es natürlich auch niemandem gehen. Ich will nur anmerken, dass jeder, der prinzipiell schöne Forderungen stellt, davon ausgehen muss, selbst in die Pflicht genommen zu werden. Ich betrachte mich schon als halbwegs solidarisch, aber ich darf mich dann nicht beschweren, wenn ich zur Kasse gebeten werde.

Staatliche Aufgaben sind kein Wunschkonzert:

  • Der Mindestlohn ist vielen zu niedrig - aber es gibt einen.
  • Die Grundsicherung ist ebenfalls nicht sehr hoch, eine tolle Lebensqualität hat man so sicher nicht - aber keiner muss verhungern.
  • Die Städte platzen, Mieten sind fast unbezahlbar - dem Gegenüber stehen viele freie Wohnungen, nur in sehr unattraktiven Gebieten. Wohnraum ist aber da.
In einer perfekten Welt sind die Bedingungen besser, aber die Welt ist nun mal nicht perfekt. Wer den Status Quo bemängelt, muss auch konsequent sein und das monetär mittragen. Die Liste ließe sich im Übrigen beliebig weiterführen, auch ohne den Punkt Ausgaben: Die Bundeswehr sollte im Fall der Fälle funktionieren, aber wer würde freiwillig an die Front? Das Klima ist schützenswert, aber man will ja auch ein wenig die Welt sehen, selbst wenn sie nicht perfekt ist. Aber nicht unbedingt per Lastenrad.

Aber ich verliere den roten Faden, daher höre ich jetzt auf, ist eh schon viel ausführlicher als angedacht geworden. Den Blog habe ich mittlerweile seit fast 20 Jahren, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der bisher längste Beitrag...

Sonntag, März 16, 2025

Würzburg-Wahl

Am 4. Mai wird in Würzburg gewählt - allerdings wird nur der Posten des OB neu besetzt, da der amtierende OB Christian Schuchardt vorzeitig aus dem Amt scheidet (wird geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetags + Geschäftsführer des Städtetags NRW).

Und da einen kommunale Politik in Teilen sogar mehr betrifft als Bundestagswahlen, schaue ich mir die Kandidaten mal etwas genauer an. Fangen wir mal mit der Historie der letzten 35 Jahre an, denn die ist - zumindest was die Bürgermeister anbelangt - parteipolitisch gesehen schon etwas wild. Vorab, bis zur letzten Wahl des Stadttags war die Partei mit den meisten Stimmen stets die CSU, bis sie 2020 von den Grünen abgelöst wurde. Die CSU hat aber mitnichten immer den OB gestellt, wenn man es ganz genau nimmt, war das sogar nur sieben Jahre der Fall:

1990 - 2002: Jürgen Weber, Würzburger Liste
2002 - 2008: Pia Beckmann, CSU
2008 - 2013: Georg Rosenthal, SPD
2013 - 2014: Adolf Bauer, CSU (interimsmäßig, da Rosenthal erfolgreich für den Landtag kandidierte*)
2014 - 2025: Christian Schuchardt, CDU (nicht CSU) 

*In Bayern ist die Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister 67. Jahre, Rosenthal hätte also nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidieren dürfen. Funfact: Der designierte Bundeskanzler Friedrich März dürfte bei uns nicht mal Bürgermeister werden.

Martin Heilig (Grüne)

Meine Prognose ist, dass Martin Heilig das Rennen machen wird, aber warten wir mal ab...Zu unserem "Klimabürgermeister" habe ich ja schon vor gut drei Jahren meinen Senf abgegeben, was hier nachzulesen ist. Wirklich was gerissen hat er seitdem nicht, Wasser predigen und Wein saufen stimmt immer noch. Und wenn man selbst nicht in der Lage ist, ohne KI zu erklären, warum man OB werden will, ist halt einfach nur schwach (trifft auch auf die Kandidatinnen von CSU und SPD zu).


 

Claudia Stamm (parteilos)

Stamm, da klingelt doch was, aber hieß die nicht anders? Die meisten dürften bei Stamm und Politikerin noch an ihre Mutter Barbara Stamm (CSU) denken, die mit insgesamt 42 Jahren im bayerischen Landtag auf Rang 3 der dienstältesten Landtagsabgeordneten Deutschlands stand uns bis zu ihrem Tod als die beliebteste Politikerin Bayerns galt.

Claudia Stamm war bereits Landtagsabgeordnete der Grünen, daher - das Wortspiel drängt sich einfach auf: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie politisch kein kompletter Reinfall wäre. Ich räume ihr trotz der Strahlkraft ihrer Mutter aber nur Außenseiterchancen ein, was zwei Gründe hat: 

Zum einen ist sie nach nur acht Jahren bei den Grünen ausgetreten und hat ihre eigenen Partei (Mut) gegründet, für die sie mittlerweile aber nicht mehr aktiv ist, da waren die Ambitionen anscheinend zu hoch angesetzt, wirklich nachhaltig ist das nicht.
Zum anderen kandidierte sie mit der Partei bereits vor fünf Jahren bei der Kommunalwahl in München und konnte dort nur 0,6% der Stimmen erreichen (Zum Vergleich, die Satirepartei Die PARTEI sammelte mehr als das doppelte an Stimmen) und landete hinter den Grünen, der CSU, der SPD, der ÖDP, der AfD, der FDP, der Linken, den freien Wählern, Volt, Der Partei, der Rosa Liste, der Münchner Liste und der Bayernpartei auch nur auf Platz 14 im Partei-Ranking, was nicht sonderlich überzeugend ist. 

Aber: Als unabhängige Kandidatin hat sie 385 Unterschriften sammeln müssen, um sich überhaupt zur Wahl aufstellen zu lassen, die hat sie schon mal recht sicher.

Judith Roth-Jörg (CSU)

Politisch ist Judith Roth-Jörg gut vernetzt, was alleine schon ihr Nachname verrät, geboren wurde sie nämlich als Judith Michel. Jörg von ihrem ersten Ehemann Oliver Jörg (10 Jahre Abgeordneter im Bayerischen Landtag) und Roth von Wolfgang Roth (seit 2002 im Stadtrat, seit 2019 Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion). Und ich will auch nicht unterschlagen, dass ihre Schwägerin Rosi Schraud die Bürgermeisterin von Estenfeld ist.
Aber das wirklich nur am Rande, sie selbst ist mittlerweile auch schon über 10 Jahre im Stadtrat und aktuell nach Martin Heilig die dritte Bürgermeisterin. Leider gilt hier die gleiche Aussage wie bei Martin Heilig - wirklich viel gerissen hat sie meiner Ansicht nach nicht (habe zumindest nicht mitbekommen, dass sie was besonderes geleistet hätte).
Aber immerhin formt sie mit ihren Händen auf den Wahlplakaten ein Herzchen uns ist gebürtige Würzburgerin. Trotzdem wird sie meiner Meinung nach maximal in die Stichwahl kommen.

Eva von Vietinghoff-Scheel (SPD)

Eva von Vietinghoff-Scheel ist die jüngste Kandidatin. Ihre Vita wirkt allerdings etwas chaotisch, böse Zungen würden von Jobhopping sprechen:

Dezember 2013: Leitung des Umweltamtes am Landratsamt Würzburg
Oktober 2014: Leitung des Bauamt am Landratsamt Würzburg
Juni 2015: Geschäftsleiterin der Gemeinde Veitshöchheim.
Mai 2016: Rückkehr zum Landkreis Würzburg zurück.

Aber ich will das nicht zu negativ sehen, danach wurde es etwas beständiger, seit April 2020 fungierte sie in einer Doppelspitze als Vorstand der Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU), seit 2023 hatte sie die Position allein innig.

Und jetzt wird es knifflig, da ein nicht erwiesener Vorwurf im Raum steht. Im Oktober 2024 wurde sie abberufen i.S.v. rausgeschmissen (zerrüttetes Vertrauensverhältnis), die die Staatsanwaltschaft gegen sie wegen des Verdachts der Untreue ermittelte. Unabhängig davon, ob da was dran ist oder nicht, förderlich ist das sicherlich nicht (außer man ist Olaf Scholz).
Weiteres Manko. Sie ist zwar von der SPD aufgestellt, aber kein Mitglied der Partei. Das finde ich immer ein wenig seltsam, wenn man in den eigenen Reihen nicht einen einzigen passenden Kandidaten finden kann. Wobei die SPD aktuell auch nur 4 von 50 Sitzen im Stadtrat hat, vermutlich war da wirklich niemand dabei...

Summa summarum, so wirklich prickelnd finde ich keinen der vier, aber für Wahlempfehlungen bin ich eh der falsche Ansprechpartner. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wer in die Stichwahl kommt (Respekt an Heilig, wenn er vorab über 50% holen sollte).

Dienstag, Februar 11, 2025

Geht´s noch, Geo?

Wem Geo nichts sagen sollte, Wiki (auch diverse KI-Tools würden das so ausspucken) hilft wie so oft weiter:

"Geo ist ein Reportagemagazin von RTL Deutschland. Das Themenspektrum reicht von (populär)-wissenschaftlichen Themen wie Medizin und Biologie über Politik und Reise bis zu Nachhaltigkeit und Klimafragen. Bekannt ist die Zeitschrift vor allem für ihre Fotostrecken".

Seit fast 30 Jahren ist auch die Zeitschrift Geolino im Repertoire, Zielgruppe sind Kinder zwischen 8–13 Jahren, prinzipiell ja nicht verkehrt. Aber - der aufmerksame Leser bzw. die aufmerksame Leserin (Hallo Mum) ahnt es schon - es ist nicht alles Gold was glänzt. In der aktuellen Ausgabe 2/2025 gibt es ein mehrseitiges Wahlspezial, und das ist meiner bescheidenen Meinung nach eine Frechheit. Nicht der Artikel an sich, aber "sag´s ihm, er kann mich im Arsche lecken" ist der subjektiv geschrieben. 

Mir ist klar, dass (was auch gut ist) so ziemlich jeder eine Neigung pro oder contra gegenüber diversen Parteien hat. Und ich erwarte von einer Zeitschrift, die an Kinder gerichtet ist, auch nicht den
überwältigenden Qualitätsjournalismus der groß in die Tiefe geht, aber zu 100% wortwörtlich parteiische Artikel haben in einer Zeitschrift nichts verloren. Erst Recht nicht, wenn man davon monatlich mehr als 150.000 Magazine absetzt. Unterschwellig Kinder zu beeinflussen und in eine Richtung zu triggern - egal welche - ist unterste Schublade, das kenne ich nicht einmal aus China. Und hinter Geo steht auch kein dubioser Verein oder sonstige fragwürdige Institution, Geo ist Gruner + Jahr bzw. RTL.

Aber warum muss ich wegen eines Kindermagazins plötzlich auf meinen Blutdruck achten? Das ist relativ einfach, in dem genannten Wahlspezial werden SPD, Union, Grüne, FDP, AfD und BSW vorgestellt bzw. deren Gesichter/Kanzlerkandidaten. Und deren Einschätzung geht offenkundig in eine ganz bestimmte Richtung: BSW, AfD, FDP und Union unwählbar weil doof oder ungerecht, SPD eigentlich ganz OK und Grün das einzig Wahre, alles andere wäre unverantwortlich.

Wer hier ab und dann mitliest weiß, dass ich alle Parteien gleich behandel: In einzelnen Bereichen habe ich ab und dann einen Favoriten, aber im Gesamtpaket sagt mir eigentlich gar keine zu - auch wenn ich seit ich 18 bin natürlich regelmäßig wählen gehe, wenn auch oft nach dem Ausschlussprinzip. Daher den Beitrag bitte nicht als Habeck-Bashing verstehen, ich würde mich genau so ärgern, wenn da ein Merz oder eine Wagenknecht glorifiziert werden würde. 

Worauf ich hinaus will: Auch wenn ich als Magazin eine politische Tendenz habe (GEO ist wie eingangs beschrieben schon als grün einzustufen), sollte ich bei einem "Wahlspezial" trotzdem journalistische Neutralität wahren oder den kompletten Artikel ehrlicherweise als Meinung kennzeichnen. Oder als Werbung, weil etwas anderes als Wahlwerbung ist das nicht.





Mittwoch, Januar 22, 2025

Es muss schon wieder ein Zirkus in der Stadt sein - es werden immer mehr Plakate von Clowns aufgehängt

wahlomat Nicht vergessen, in gut einem Monat stehen Wahlen an (am 6.2. sollte auch der Wahl-O-Mat aktualisiert sein)

Montag, Dezember 16, 2024

Einen guten Roten erkennt man am Abgang

#Vertrauensfrage
#IdendesMerz
#AllesdoofaberwenigstensfallendieFeiertagegünstig

Donnerstag, November 28, 2024

Ein Grund mehr, warum ich weder einen Spahn, eine Klöckner oder einen Scheuer jemals wieder in einem Kabinett sehen will

Fast jeder regt sich über einen Trump und (seine) Fakenews auf, aber unsere Politiker sind keinen Deut besser. "Oh, eine alte Mail, da fange ich gleich mal das Sticheln an, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, worum es da eigentlich genau geht..."

Wie heißt es so schön: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten.